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Freitag, 14.07.2017, 11:47

 

Husein Sharif floh gemeinsam mit seiner Frau vor dem Bürgerkrieg in Syrien. Vor knapp zwei Jahren kam er nach Deutschland - und verstand kein Wort Deutsch. Jetzt hat er nach nur 16 Monaten einen Job - und wird bald eine Ausbildung beginnen.

 

Husein Sharif ist noch nicht lange genug in Deutschland, um die Sprache gut zu beherrschen. Doch er versucht es: "Ich heiße Husein Sharif, bin 31 Jahre alt und komme aus Syrien", sagt der Mann in der roten Strickjacke selbstbewusst. Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) in München hat ihn eingeladen, damit Sharif erzählt, wie er in Deutschland einen Job gefunden hat.

 

Seine Chefin Christine Beck-Meidt ist auch mitgekommen. Sie leitet das Traditionsunternehmen Beck Elektrotechnik in Würzburg. Zu ihr kam Sharif im Rahmen Integrationsprogramm „IdA 1.000“ der vbw, an das sich ein sechswöchiges Praktikum be Beck anschloss. , Im Dezember 2016 erhielt Sharif einen Vertrag als Elektrohelfer bei Beck. Seitdem begleitet der Syrer die Mitarbeiter auf Außeneinsätzen, lernt auf Baustellen die Materialien kennen und Gefahren richtig einzuschätzen – und er verbessert durch Gespräche mit seinen Kollegen sein Deutsch. Natürlich packt der 31-Jährige auch selber mit an.

Kommendes Jahr wird er im Unternehmen eine Ausbildung zum Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik in den Umternehmen beginnen.

Unternehmen leisten viel Extra-Aufwand

„Noch kann er die Berufsschule nicht besuchen, dafür reichen seine Sprachkenntnisse nicht“, sagt seine Chefin. Zudem könne es sich die Firma nicht leisten, mehr als einen Flüchtling im Jahr für eine Ausbildung einzustellen. Zu groß ist der Extra-Aufwand im Vergleich zu Auszubildenden aus Deutschland. Ein junger Mann aus Somalia hatte schon vor ihm begonnen, deshalb muss Husein noch warten.

Dabei bringt er sogar einige Vorkenntnisse mit. Er hat in Syrien eine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik absolviert. „Drei Jahre war ich auf einer Berufsschule, danach habe ich zwei Jahre als Spezialist gearbeitet“, erklärt er. Er hat in Nürnberg die Anerkennung seiner syrischen Zeugnisse beantragt. Das kann dauern – doch den einen oder anderen Kurs an der Berufsschule wird er sich dadurch vielleicht sparen können.

 

„Jetzt kann ich meine Familie ernähren“

Das wäre gut, denn Sharif hat immer etwas zu tun. Vor einem Jahr bekam das Paar eine Tochter, nun ist seine Frau erneut schwanger. „Fünf Kinder sind zuhause in Syrien ganz normal“, sagt Sharif.

Seine Chefin bewundert den Mut, den ihr Mitarbeiter zeigt. Christine Beck-Meidt ist überzeugt, dass er das Zeug dazu hat, für seine Familie in Deutschland zu sorgen. „Er zeigt großes persönliches Engagement“, sagt sie. „Man merkt: Er hat einen ganz anderen Eigenantrieb als viele andere Flüchtlinge.“ Obwohl Husein "nur" als Helfer angestellt ist, ist er immer pünktlich. Die Kollegen schätzen, dass ihr Kollege so gewissenhaft ist. Nur seine Frau hat manchmal kein Verständnis dafür, dass er später nach Hause kommt, weil er seine Arbeit noch zu Ende machen wollte. Sharif erklärt seinen Antrieb so: „Jetzt kann ich meine Familie ernähren.“

„Das Umfeld ist entscheidend“

Schwieriger ist es in Deutschland für Sharifs Frau. Sie ist meist allein zuhause mit dem Kind, hat wenig Kontakt zu Einheimischen – und vermisst ihre Mutter. Wenn die Familie das Heimweh überkommt, dann treffen sie sich mit anderen Syrern in der Umgebung. Viele von ihnen haben ebenfalls Kinder.

Doch Sharif hat verstanden, dass er sich in die Gesellschaft eingliedern muss – und dass das am besten durch Kontakt zu den Einheimischen geht. „Das Umfeld ist entscheidend“, betont seine Chefin. Es gebe Migranten, die seien etwa bei den Deutschkenntnissen noch nicht viel weiter als Sharif, obwohl sie schon seit mehr als zehn Jahren in Deutschland sind. Sie lebten in einer Art Parallelgesellschaft, treffen sich meistens mit Landsleuten.

 

„Das kann auch gutgehen. Aber wer etwas mehr erreichen möchte, der muss seine Deutsch-Kenntnisse kontinuierlich verbessern - und sich persönlich einbringen“, sagt Beck-Meidt. „Da machen wir keinen Unterschied zwischen Flüchtlingen und Deutschen.“ Sharif findet das gut: „Ich möchte, dass wir alle normal miteinander sind.“

 

Zum Artikel:

http://www.focus.de/finanzen/karriere/perspektiven/syrer-bekommt-job-nach-16-monaten-jetzt-kann-ich-meine-familie-ernaehren_id_7354730.html

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